Insulin Detemir

2.15.10 Insulin

Der endokrine Teil der Bauchspeicheldrüse produziert und sezerniert Insulin, Glukagon und Somatostatine. Von klinischer Bedeutung ist vor allem die Störung der Insulinproduktion. Glukagon ist wichtig für die Umkehrregulation bei Hypoglykämie.

Während der Schwangerschaft verändert sich die Insulinsensitivität: In der achten bis zwölften Woche besteht eine erhöhte Insulinsensitivität mit einem höheren Hypoglykämierisiko, während in der zweiten Hälfte der Schwangerschaft die Insulinsensitivität abnimmt. Die Insulintherapie muss also ständig an die veränderten Anforderungen des veränderten Glukosestoffwechsels in der Schwangerschaft angepasst werden. Unmittelbar nach der Geburt normalisiert sich die ursprüngliche Insulinsensitivität wieder. Damit verschwindet der GDM.

Humaninsulin passiert im Gegensatz zu oralen Antidiabetika nicht die Plazenta. Eine bessere Blutzuckereinstellung und Vorteile für den Zustand des Neugeborenen können erreicht werden, wenn ein intensiviertes Insulindosis-Regime mit mindestens drei täglichen Injektionen kurzwirksamen Insulins präprandial, eventuell ergänzt durch eine langwirksame Insulindosis in der Nacht, gegeben wird oder wenn eine Insulinpumpe eingesetzt wird. Sollte dies bei Frauen mit Typ-2-Diabetes oder GDM nicht möglich sein, kann eine konventionelle intensivierte Therapie, d.h. die getrennte Gabe von Basal- und Prandialinsulin oder auch Mischinsulin mit einem ausreichenden Anteil an kurzwirksamen Insulinen, in Betracht kommen.

Umfassende Erfahrungen mit der Humaninsulinsubstitutionstherapie bei schwangeren Diabetikerinnen geben keinen Hinweis auf embryotoxische oder teratogene Wirkungen. Dies gilt auch für die hohen Insulindosen, die im dritten Trimester aufgrund der hohen Insulinresistenz infolge von Übergewicht und Adipositas bei Schwangeren mit Typ-2-Diabetes häufig notwendig sind. Damit ist Humaninsulin, für das weltweit 25 Jahre gute Erfahrungen vorliegen, das Medikament der ersten Wahl für Schwangere.

Seit vielen Jahren gibt es Insulinanaloga: das kurzwirksame Insulin lispro, Insulin aspart und Insulin glulisin sowie das langwirksame Insulin glargin und Insulin detemir. Die Anforderungen an Insulinanaloga sind neben einer guten Blutzuckerkontrolle, dass sie die Plazenta nicht passieren dürfen, kaum Antikörper produzieren und nur eine minimale IGF-I-Aktivität haben, ein Parameter für die Förderung der Retinopathie. Insulin lispro und Insulin aspart erreichen in der Hälfte der Zeit doppelt so hohe Plasmakonzentrationen wie normales Insulin und können daher unmittelbar vor dem Essen gespritzt werden.

Insulin lispro ist in fast 1.000 Schwangerschaften recht gut untersucht worden, größtenteils in retrospektiven oder kleineren prospektiven Studien (z.B. Durnwald 2008, Scherbaum 2002). Allerdings gibt es derzeit keine Kontrollen (z. B. Wyatt 2005, Garg 2003, Masson 2003). Es wurde keine erhöhte Rate an angeborenen Fehlbildungen beobachtet (z. B. Lapolla 2008, Wyatt 2005). Die Blutzuckereinstellung mit Insulin Lispro ist vergleichbar mit derjenigen mit Humaninsulin. Eine Verschlimmerung der diabetischen Retinopathie mit Insulinlispro wurde bisher nicht beobachtet, ist aber auch nicht ausreichend untersucht worden (z. B. Loukovaara 2003, Persson 2002, Buchbinder 2000). Die Bildung von Insulin-Antikörpern ist bei Insulin-Lispro- und Humaninsulin-Behandlung gleichermaßen gering.

Die Erfahrungen mit Insulin-Aspart sind insofern umfangreicher, als es nicht nur kleine Studien mit unterschiedlichem Design gibt, sondern auch eine europäische randomisierte Multicenterstudie mit 322 schwangeren Diabetikerinnen, die entweder Insulin-Aspart oder Humaninsulin unter Beibehaltung der Basal-Substitution mit langwirksamem oder verzögert wirkendem Insulin erhielten. Es gab keine signifikanten Unterschiede in der Häufigkeit von Hypoglykämien, den HbA1c-Werten und dem Fortschreiten der Retinopathie (Mathiesen 2007). In der Aspart-Gruppe gab es eine leichte Tendenz zu weniger Spontanaborten und Frühgeburten. Darüber hinaus wurde Insulinaspart bei 157 schwangeren Frauen mit niedrigeren postprandialen Glukose-Blutspiegeln und weniger Hypoglykämie-Episoden in Verbindung gebracht als bei 165 schwangeren Frauen, die mit Humaninsulin behandelt wurden (Kinsley, 2007). In einer Untergruppe von 97 Frauen wurden vergleichende Messungen von spezifischen Insulinaspart- oder Humaninsulin-Antikörpern in der Mutter und im Nabelschnurblut durchgeführt. Darüber hinaus wurde in beiden Kohorten nach den relevanten kreuzreaktiven Antikörpern bei der Mutter und im Nabelschnurblut gesucht und eine Korrelation zwischen der Konzentration dieser Antikörper bei der Mutter und im Nabelschnurblut ermittelt. Signifikante Unterschiede zwischen Insulinaspart und Humaninsulin wurden nicht festgestellt (McCance 2008). Ähnliche Ergebnisse wurden in einer kleinen Studie von Pettitt (2007) gefunden. Insulinaspart ist speziell für die Schwangerschaft zugelassen.

Zu Insulin Glulisin liegen keine Erfahrungen vor (Lambert 2013).

Auch wenn eine Reihe kleinerer Studien oder retrospektiver Fallserien zur Verträglichkeit von Insulin Glargin in der Schwangerschaft vorliegen, an denen insgesamt etwa 650 Schwangere beteiligt waren, sind die Erfahrungen nicht ausreichend. Häufig handelt es sich um retrospektive Fallserien ohne Kontrollen (z.B. Henderson 2009); die Designs der (kleinen) Vergleichsstudien sind sehr unterschiedlich. Eine Fall-Kontroll-Studie mit 64 schwangeren Frauen (20 mit Typ-1-Diabetes und 44 mit GDM), von denen die Hälfte im dritten Trimester Insulin Glargin oder intermediär wirkendes Humaninsulin gespritzt hatte, zeigte keine signifikanten Unterschiede in Bezug auf neonatale Komplikationen, Makrosomie und Hypoglykämie (Price 2007). Eine kleine prospektive Kohortenstudie (Negrato 2010) mit 56 behandelten Frauen sowie eine Studie mit 52 schwangeren Frauen (Fang 2009), die mit Insulin Glargin behandelt wurden, kamen zu ähnlichen Schlussfolgerungen, dass es keinen Unterschied zwischen Insulin Glargin und NPH-Insulin hinsichtlich des Schwangerschaftsausgangs gibt. Eine neuere prospektive Studie mit 46 Frauen, die mit Insulin Glargin im Vergleich zu Insulin Detemir behandelt wurden, fand keinen Unterschied hinsichtlich der Blutzuckerkontrolle und des Schwangerschaftsergebnisses (Callesen 2013). Eine Meta-Analyse von 331 schwangeren Frauen, die mit Insulin Clargin behandelt wurden, im Vergleich zu 371 schwangeren Frauen, die mit NPH-Insulin behandelt wurden, ergab ebenfalls keinen Unterschied bei den Schwangerschaftsergebnissen (Pollex 2011). Keine Studie konnte die bisherigen Hinweise widerlegen, dass sich die Retinopathie verschlechtern kann, wenn Insulin Clargin während der Schwangerschaft gegeben wird (Gallen 2008).

Die Erfahrungen mit dem Insulin Detemir sind begrenzt. Es gibt retrospektive Fallserien mit 10 schwangeren Frauen mit Diabetes mellitus Typ 1 nach kontinuierlicher Insulin-Detemir-Therapie, aus denen weder ein besonderes Risiko noch eine größere Sicherheit der Therapie während der Schwangerschaft abgeleitet werden konnte (Lapolla 2009). Die aktuelle prospektive Studie von Callesen (2013) an 67 Frauen, die während der Schwangerschaft mit Insulin detemir behandelt wurden, beschreibt keinen Unterschied zur Behandlung mit Insulin glargin.

Empfehlung

Der Typ-1-Diabetes mellitus muss vor der Schwangerschaft mit Insulin gut eingestellt werden. Humaninsulin ist das Mittel der Wahl. Eine Frau, die mit Insulin lispro oder Insulin aspart gut eingestellt ist, darf während der Schwangerschaft nicht umgestellt werden. Langwirksame Analoga sollten jedoch abgesetzt und ersetzt werden. Schwangere Frauen mit Typ-2-Diabetes oder GDM, die mit einer Diät nicht ausreichend behandelt werden können, sollten auf Humaninsulin umgestellt werden. Auch bei kritischen Blutzuckerwerten und fetaler Makrosomie sollte eine Insulintherapie eingeleitet werden. Bei schwangeren Frauen, die bereits Insulin benötigen, kann sich der Bedarf stark erhöhen. Zur Therapiekontrolle sollte auch eine Ultraschallbiometrie des wachsenden Fötus eingesetzt werden. Da Glukokortikoide und Tokolytika die Kohlenhydrattoleranz der Mutter einschränken, sind bei der Gabe dieser Medikamente besonders sorgfältige Stoffwechselkontrollen ratsam.

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