Oligoklonale Banden, Serum und Liquor
Das meiste klinische Interesse an der Liquorelektrophorese konzentriert sich auf den γ-Bereich. Oligoklonale Banden sind mehrere unterschiedliche Banden in der γ-Zone des Liquormusters, die im Serum nicht vorhanden sind. Diese Banden im Liquormuster werden von einer begrenzten Anzahl immunkompetenter Zellklone gebildet, die jeweils IgG mit ihrer eigenen Spezifität produzieren. Mehr als 90 % der Patienten mit Multipler Sklerose weisen zu irgendeinem Zeitpunkt ihres Krankheitsverlaufs oligoklonale Banden auf.
Das Vorhandensein von oligoklonalen Banden im Liquor von Patienten mit Multipler Sklerose korreliert nicht mit der Aktivität des Demyelinisierungsprozesses. Oligoklonale Banden können auch dann vorhanden sein, wenn der IgG-Spiegel im Liquor normal ist.
Zirka 2 % bis 3 % der klinisch bestätigten MS-Patienten zeigen wenig oder gar keine Anzeichen für oligoklonale Banden im Liquor; allerdings können sich im Verlauf der Krankheit oligoklonale Banden entwickeln.
Eine erhöhte IgG-Produktion durch das Zentralnervensystem ist nicht spezifisch für Multiple Sklerose, sondern ein Hinweis auf eine chronische Nervenentzündung. Oligoklonale Banden im Liquor wurden bei Neurosyphilis, akuter bakterieller oder viraler Meningitis, progressiver multifokaler Leukoenzephalopathie, subakuter sklerosierender Panenzephalitis, progressiver Röteln-Panenzephalitis, Polyneuritis, optischer Neuritis, Trypanosomiasis und anderen Infektions- oder Autoimmunerkrankungen festgestellt.
Das oligoklonale Bandenmuster ist unscharf, wenn eine begleitende Entzündungsreaktion einen vermehrten Proteinaustritt von Plasmaproteinen in den Liquor verursacht. Wenn die Liquor-Protein-Konzentration >200 mg/dL beträgt, kann selbst eine hohe Immunglobulinproduktion im Zentralnervensystem durch das Vorhandensein von Plasmaproteinen verdeckt werden.
Da 80 % der normalen Liquorproteine aus dem Serum stammen, können Patienten mit monoklonalen Proteinen im Serum auch entsprechende Liquorbanden aufweisen. Darüber hinaus sind oligoklonale Banden im Serum bei einigen Patienten mit Morbus Hodgkin und bei bis zu 5 % der gesunden Personen vorhanden. Daher können die elektrophoretischen Muster im Liquor nicht ohne entsprechende Serummuster interpretiert werden.